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Was ist konkrete Verweisung?

konkrete Verweisung

Im Gegensatz zur abstrakten Verweisung gibt es die konkrete Verweisung heute noch sehr oft. Tatsächlich gibt es keine Berufsunfähigkeitsversicherung, die ernsthaft darauf verzichten würde. Ich geh sogar so weit, dass Stand heute jeder Verzicht in den Bedingungen reines Marketing ist.

Aber von vorne:

Konkrete Verweisung bedeutet, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung die Leistung einstellen darf, wenn ich berufsunfähig bin, aber tatsächlich wieder arbeite. Denn berufsunfähig bin ich ja, wenn ich in meinem Beruf nur noch zur Hälfte arbeiten könnte. Wenn ich in keinem Beruf mehr arbeiten könnte, wäre ich erwerbsgemindert.

Das beschreibt die konkrete Verweisung aber noch nicht so ganz. Und auch nicht so gut verständlich, find ich.

Was ist konkrete Verweisung?

Konkrete Verweisung gibt es, weil die Berufsunfähigkeitsversicherung ja nur dann zahlen sollte, wenn du das Geld auch wirklich brauchst. Deshalb darf die Berufsunfähigkeitsversicherung nicht nur dann aufhören zu zahlen, wenn du wieder gesund genug bist, um wieder in deinem Job zu arbeiten, sondern auch, wenn du einen neuen Job hast.

Allerdings geht es ja darum, ob du das Geld wirklich brauchst.

Nehmen wir mal an, ich bin Handwerker. Egal, was. Wenn ich länger als 2 Stunden körperlich arbeite, bekomm ich so starke Rückenschmerzen, dass ich nicht mehr kann. Ich bin also berufsunfähig. Allerdings bin ich erst 23 Jahre alt. Ich höre euch lachen, aber in diesem Beispiel bin ich ja auch handwerklich begabt, also, was soll´s? Also, da ich erst 23 Jahre alt bin, hab ich noch ne Menge Leben vor mir. Und da ich mir nicht mehr als 1.500 Euro Rente leisten konnte, wird das nicht reichen, um davon mal ne Familie zu ernähren oder fürs Alter vorzusorgen.

Deshalb such ich mir einen Bürojob und beginne eine Ausbildung.

Wann ist eine konkrete Verweisung möglich?

Kann mich die Berufsunfähigkeitsversicherung jetzt konkret verweisen? Nein. Selbstverständlich nicht. Denn von dem Azubi-Gehalt könnte ich nicht leben.

Es gibt also ein paar Regeln:

  1. Das neue Gehalt muss ausreichen, um den Lebensstandard zu halten. In vielen Bedingungen werden hier 80% des alten Gehalts als Grenze genannt. Wenn ich aber schon im alten Beruf gerade mal genug zum Leben verdient habe, dann liegt die Grenze auch mal höher. Das wird dann aber vermutlich vor Gericht ausgefochten. Also nehmen wir hier einfach mal die 80% aus den meisten Berufsunfähigkeitsversicherungen.
  2. Das Ansehen muss etwa gleich sein. Wenn ich also vorher Meister war und ein paar Mitarbeiter hatte und jetzt als angestellter Versicherungsvermittler arbeite, ließe sich durchaus argumentieren, dass das hier nicht der Fall ist. Ist aber halt schwierig und kommt immer auf den Einzelfall an.
  3. Der neue Job darf mich weder über- noch unterfordern. Das ist aber halt richtig schwierig im Einzelfall zu bestimmen. Denn immerhin machst du das ja mehr oder weniger freiwillig.
  4. Und wenn du gegen den ärztlichen Rat trotzdem arbeitest, auch in deinem alten Job, dann ist das Raubbau am eigenen Körper oder für Klugscheißer Überobligation. Das dürfte der Versicherer nicht von dir verlangen, also muss er so tun, als würdest du nicht arbeiten.

Was, wenn ich nicht arbeiten will?

Die konkrete Verweisung ist nur möglich, wenn du es tatsächlich tust. Es ist nicht wie bei der abstrakten Verweisung, wo die Berufsunfähigkeitsversicherung dir einen Beruf aussuchen kann.

Wenn du also arbeiten könntest, aber nicht willst, kann der Versicherer nix tun.

Auch wenn du nur Teilzeit arbeitest, weil du in deinem neuen Job viel mehr als im alten verdienst, um nicht an die 80% zu kommen, muss die Berufsunfähigkeitsversicherung weiterzahlen.

Die konkrete Verweisung ist also schon ziemlich krass. Und ich finde sogar, dass ich arbeiten sollte, wenn ich das kann. Alles andere ist unfair den Leuten gegenüber, die die Beiträge der Versicherung zahlen.

Und deshalb ist auch der Verzicht auf die konkrete Verweisung an sich nix wirklich Gutes. Aber es gibt halt auch keinen wirklichen Verzicht da draußen.

Es gibt eine berufsbezogenen Verzicht bei manchen. Aber das sind Anwälte, Notare oder Beamte. Die sind entweder aufgrund des Ansehens oder der einzigartigen Versorgung so oder so nicht konkret zu verweisen. Außerdem kannst du davon ausgehen, dass ein Akademiker, der in seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann, nur schwierig einen Job findet, in dem er arbeiten könnte. Fällt mir zumindest kein Beispiel ein.

Der andere Verzicht bezieht sich nur auf die Erstprüfung. Also, wenn ich das erste Mal den Leistungsfall beantrage. Wenn ich dann schon in einem anderen Beruf arbeite, würde nicht konkret verwiesen werden. Aber auch dieses Szenario ist eher unwahrscheinlich. Und auch ohne Verzicht müsste ja doch rückwirkend geleistet werden.

Eigentlich egal, aber naja…

Die konkrete Verweisung ist also kein Kriterium. Im Detail ließe sich streiten, ob es da bessere oder schlechtere Klauseln gibt. Aber tatsächlich ist eine konkrete Verweisung immer eine Einzelfallentscheidung, weshalb man sich hier eher an der aktuellen Rechtsprechung als an den Bedingungen der Berufsunfähigkeitsversicherung orientiert.

Manchmal fällt die Definition der konkreten Verweisung auch der Berufsunfähigkeitsversicherung auf die Füße. Wie z.B. in dem Fall, wo in den Bedingungen stand, dass die konkrete Verweisung nur möglich ist, wenn die versicherte Person für die neue Arbeit umgeschult hat. Das war nicht der Fall, weshalb die Berufsunfähigkeitsversicherung weiter zahlen muss, obwohl der Kunde jetzt mehr verdient als vorher. Der ausführliche Artikel dazu ist hier.

Aber darum geht es halt bei einer Versicherung nicht. Ich will da nix dazuverdienen, sondern einfach meine Existenz absichern. Deshalb ist es auch ok, wenn der Versicherer nicht mehr zahlen muss, wenn ich wieder selbst Geld verdiene.

 

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