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Was ist der Brutto- und Netto-Beitrag?

Brutto- und Netto-Beitrag

Der Brutto- und Netto-Beitrag in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist recht einfach zu erklären. Jede Berufsunfähigkeitsversicherung, die von einer deutschen Versicherung kalkuliert ist, hat einen Brutto- und Netto-Beitrag. Der Brutto-Beitrag zeigt, was das Risiko, berufsunfähig zu werden, tatsächlich kostet und der Netto-Beitrag zeigt, was ich tatsächlich zahlen muss. Und das ist in der BU-Versicherung eben weniger. Anders als bei der Sachversicherung, wo ich den höheren Beitrag zahlen muss.

Und jetzt erkläre ich den Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag nochmal elends lang mit allen Details 🙂

Wie entsteht der Brutto- und Netto-Beitrag?

Die Differenz zwischen Brutto- und Netto-Beitrag entsteht aus den Überschüssen, die die Berufsunfähigkeitsversicherung erwirtschaftet. Und daraus lässt sich auch schon ableiten, dass der Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag immer möglichst gering sein sollte. Je höher der sogenannte Spread zwischen Brutto- und Netto-Beitrag ist, desto höher sind auch die angenommenen Überschüsse der Berufsunfähigkeitsversicherung. Und wenn die mal nicht mehr passen, dann kann der Versicherer den Netto-Beitrag anheben, bis er so hoch ist, wie der Brutto-Beitrag.

Das würde passieren, wenn es überhaupt keine Überschüsse mehr gäbe. Das ist aber schon ziemlich unwahrscheinlich.

Wo kommen die Überschüsse her?

Die Überschüsse kommen aus der Anlage, der Verwaltung und dem Risiko. Die Anlage sind halt Immobilien und Staatsanleihen und was das Sicherungsvermögen so erlaubt. Da ist nicht viel zu gewinnen. Und Verwaltung hat sicher noch Potential. Ich mein, die Versicherer haben alle noch Fax-Geräte. Aber am meisten kommt sicher aus dem Risiko.

Das Risiko bist du. Also, die Wahrscheinlichkeit mit der du berufsunfähig wirst. Da schlagen die Versicherer gleich mal 10% drauf, um auf Schwankungen zu reagieren. Falls mal ne Pandemie kommt oder irgendwas Unvorhersehbares.

Aber ansonsten ist es das, was so ein Risiko statistisch innerhalb der Laufzeit kostet. Und das wird dann auf die Monate verteilt. Oder auf die Jahre oder wie halt die Zahlweise ist.

Jetzt ist es aber so, dass viele Menschen dann doch gesünder leben, besser essen, aufhören zu rauchen und deswegen nicht berufsunfähig werden. Und außerdem kommt es sehr oft vor, dass Vermittler so sehr überzeugt sind, dass ihre Berufsunfähigkeitsversicherung viel besser ist. Und dann kündigen sie halt den alten Vertrag. Die Beiträge sind gezahlt und berufsunfähig war niemand.

Hinzukommt noch, dass wir durchschnittlich erst ab 50 richtig lange berufsunfähig werden. Der Beitrag ist aber so kalkuliert, dass er gleich bleibt und nicht steigt. Deshalb zahlen wir am Anfang zu viel für das Risiko und am Ende zu wenig. Auch hier gibt es am Anfang Überschüsse.

Diese Risikoüberschüsse muss die Berufsunfähigkeitsversicherung zu 90% an den Kunden weitergeben. Die meisten der Berufsunfähigkeitsversicherungen machen das auch sehr gern. Das klingt erstmal lieb. Ist es auch. Aber vermutlich ist er Grund eben doch eher der, dass durch diese Überschüsse der Zahlbeitrag niedriger gehalten werden kann.

Ist ein hoher Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag gefährlich?

Zunächst mal nicht. Es bedeutet nur, dass der Versicherer, wenn er sich verrechnet hat, den Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag verkleinern kann. Dazu muss er niemanden groß fragen. Aber es gibt einen Shitstorm. Und allein deshalb will das keiner. Passiert auch wirklich selten. Auch weil Aktuare halt einfach wirklich gut rechnen können.

Ich prüfe aber schon, wie hoch der Spread zwischen Brutto- und Netto-Beitrag ist. Denn zusammen mit einem sehr günstigen Tarif und sehr einfachen Gesundheitsfragen, kann es schon ein Grund sein, einen Anbieter zu meiden.

Darüber hinaus gibt es für Berufsunfähigkeitsversicherer aber noch weitere Möglichkeiten, den Beitrag anzupassen. Allerdings dürfen sie das nicht einfach so machen.

Über den §163 im Versicherungsvertragsgesetz darf der BU-Versicherer sogar den Brutto-Beitrag anpassen. Das darf er dann machen, wenn die Kalkulation nicht mehr ausreichend ist. Und außerdem hätte ein “ordentlicher und gewissenhafter Aktuar [das erhöhte Risiko] insbesondere anhand der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren statistischen Kalkulationsgrundlagen” nicht erkennen dürfen. Heißt also, wenn nur der Aktuar Mist gebaut hat, dann darf der Versicherer nicht anpassen.

Und wenn die Insolvenz droht, darf die Berufsunfähigkeitsversicherung über den §314 des Versicherungsaufsichtsgesetzes die Leistung herabsetzen. Da muss dann aber echt der Baum brennen.

Beide Möglichkeiten führen vermutlich dazu, dass alle Kunden kündigen und wechseln. Außer die, die schon zu krank sind. Es kommt also zu einer gefährlichen Entmischung des Kollektivs. Die Kalkulation geht hinten und vorne nicht mehr auf.

Was, wenn es keinen Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag gibt?

Immer dann, wenn es keinen Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag gibt, muss ein ausländischer Erstversicherer am Start sein. Populär in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist da die Canada Life am Start.

In der Werbung klingt das erstmal gut. Die Berufsunfähigkeitsversicherung kann nicht den Preis anpassen. Aber was macht die Canada Life, wenn sie sich verkalkuliert hat?

Dummerweise verzichtet  sie auf den §163 VVG. Sie kann also nicht den Beitrag anpassen. Und der §314 VAG gilt nicht, weil die Canada Life, wie der Name schon vermuten lässt, ein irischer Versicherer ist.

Eine Entsprechung des Paragrafen gibt es im irischen Recht nicht. Und anders, als man manchmal liest, gibt es auch keine Möglichkeit, den Vertrag aufzulösen, Bestände zu sanieren, abzufinden oder zu schließen.

Aber es ist festgelegt, dass die Forderungen der Kunden im Insolvenzfall ausgesondert werden und vorrangig behandelt werden. Das klingt schon mal gut.  Trotzdem wäre halt nicht mehr genug für alle da, weshalb mit Einschränkungen zu rechnen wäre. Das wäre aber bei Anwendung von §314 VAG auch der Fall.

Der Worst-Case wäre also, dass das Unternehmen vollkommen ohne jede Substanz liquidiert. Dann würden die Kunden leer ausgehen.

Ach ja, am Ende gäbe es noch eine Patronatserklärung des Mutterkonzerns für die deutsche Tochter. Die ist aber auch nur eine nette Absichtsbekundung ohne Wert für die Zukunft. Sie kann jederzeit widerrufen werden.

In Deutschland gäbe es am Ende noch Protektor, um Unternehmen abzuwickeln. Aber auch hier gibt es keine Pflicht. Wenn der Bestand zu schlecht ist, dann will Protektor nicht und wenn er zu groß ist, dann kann Protektor das nicht.

Klar ist, dass das irische Recht und auch §314 VAG den Normzweck haben, das Unternehmen zu schützen und nicht den Kunden.

Klar ist aber auch, dass kein Unternehmen antritt, um zu scheitern. Allein deswegen werden deutsche und ausländische Unternehmen eher vorsichtig kalkulieren.

Und deswegen ist es für mich auch gleich, ob es die Überschüsse gibt oder nicht. Wichtig ist aber, dass ich dann, wenn es keinen Unterschied zwischen Brutto- und Netto-Beitrag gibt, eine Leistungsdynamik vereinbare. Denn sonst gibt es überhaupt keine Dynamik im Leistungsfall. Ohne Überschüsse keine Dynamik.

Ich denke mal, das war jetzt alles. Wenn es noch Fragen oder Hinweise gibt, dann bitte melden!

 

 

 

 

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