Scroll Top

Was ist der Grad der Berufsunfähigkeit?

Grad der Berufsunfähigkeit

Wer anfängt zur Berufsunfähigkeitsversicherung zu recherchieren, der stolpert irgendwann über den “Grad der Berufsunfähigkeit”. Oft liest man auch von den 50% BU, die vorliegen müssen, um die Rente zu bekommen. Das klingt alles irgendwie nach Mathe. Und sowohl bei Grad als auch bei Prozent braucht man eine Bezugsgröße. Viele Fragen, die ich hier mal versuche zu beantworten.

Was ist der Grad der Berufsunfähigkeit?

Zunächst mal müssen wir damit leben, dass Sprache nur selten besonders eindeutig ist. Denn der Grad der Berufsunfähigkeit ist in Prozent anzugeben. Da dreht sich bei einem Mathematiker vermutlich der Magen um, aber so ist es. BU-Experten sprechen also von einem BU-Grad von 50%, der zu erreichen ist. Somit sparen wir uns schon mal die Erklärung, was der Unterschied zwischen dem Grad der Berufsunfähigkeit und der prozentualen Ermittlung ist. Und das hat doch auch was für sich, oder?

Also müssen wir nur noch klären, worauf sich die Prozent jetzt beziehen…

Worauf bezieht sich der Grad der Berufsunfähigkeit?

Berufsunfähig bin ich, wenn ich nur noch zur Hälfte arbeiten kann. Also, in meinem Beruf, so wie ich das so mache. Und aus gesundheitlichen Gründen für mindestens 6 Monate. Die Hälfte, also die 50% beziehen sich dabei auf meinen Beruf.

Wäre der Beruf eine Torte, ließe sich die Hälfte einfach ermitteln. Beim Beruf gibt es hierzu mindestens 3 Möglichkeiten:

1. Zeit

2. Ergebnis

3. Geld

Wenn ich meinen Grad der Berufsunfähigkeit ermitteln will, kann ich die Zeit am leichtesten überprüfen. Ich weiß ja, wie viel ich vor der Krankheit oder dem Unfall gearbeitet habe und wie lange ich jetzt noch arbeiten kann. Wenn ich vorher 8 Stunden gearbeitet habe und jetzt nur noch 4 Stunden arbeiten kann, bin ich BU. So einfach ist das.

So einfach ist das aber eher selten.

Was ist das Arbeitsergebnis?

Denn meistens geht es darum, ob ich die Arbeitszeit noch sinnvoll einsetzen kann. Nehmen wir mal an, ein Mann fährt jeden Morgen aufs Meer hinaus und fängt einen Korb Fische. Dazu braucht er eine Stunde. Danach bereitet er die Fische zu und verkauft sie 7 Stunden lang.

Nachdem er “Der weiße Hai” gesehen hat, entwickelt er eine phobische Angststörung und traut sich nicht mehr aufs Meer fahren. Er könnte aber noch Fische zubereiten und verkaufen. Nach der Zeit wäre er zu einem Achtel BU. Er würde also keine Rente bezahlt bekommen. Aber er kann ohne Fische halt nichts zubereiten und auch nix verkaufen. Er kann mit all der Zeit kein sinnvolles Arbeitsergebnis erzielen. Er ist also zu 100% berufsunfähig.

Wenn er Angestellter ist, wird der Grad der Berufsunfähigkeit nicht mehr weiter geprüft. Der Versicherer darf von einem Angestellten nicht verlangen, dass er anders arbeiten könnte, weil der Angestellte darauf keinen Einfluss hat.

Ein Selbständiger könnte das aber schon. Die Versicherung kann eine sinnvolle Umorganisation vorschlagen. Zum Beispiel könnte der Mann jemanden bezahlen, der für ihn angelt. Oder er kauft die Fische einfach ein. Dabei kommt es aber darauf an, ob das wirtschaftlich sinnvoll ist.

Bin ich BU, wenn ich weniger verdiene?

Auch bei Angestellten wird geprüft, ob ich nachher weniger verdiene als vorher. Hier wird aber kein BU-Grad von 50% geprüft. Ich kann also nicht berufsunfähig sein, weil ich weniger verdiene. Diese Prüfung gibt es nur in der Zeit und dem sinnvollen Arbeitsergebnis. Und trotzdem prüft die Versicherung, wie viel ich nachher verdiene. Denn wenn ich 80% oder mehr von meinem alten Einkommen erziele, dann kann ich konkret verwiesen werden.

Das macht die Versicherung spätestens in der Nachprüfung. So will sie vermeiden, dass ich umschule und wieder so leben kann wie vorher, aber immer noch die BU-Rente bekomme.

Auch hier gibt es eine seltene Ausnahme: Die Überobligation!

Hinter dieser netten Klugscheißer-Vokabel, die eingedeutscht “Raubbau am eigenen Körper” bedeutet, steckt das ungesunde Verhalten, einfach weiterzuarbeiten, obwohl der Arzt strengstens davon abrät, weil ich dadurch meine Gesundheit gefährde. Ich bin also berufsunfähig, aber arbeite trotz der Schmerzen weiter. Der Versicherer muss weiter zahlen, weil er dieses Verhalten nicht von mir verlangen dürfte. Und deswegen muss er so tun, also würde ich es nicht tun. Und darum muss er die BU-Rente weiterzahlen.

Wie wird der Grad der Berufsunfähigkeit ermittelt?

Da es ja darum geht, was ich tatsächlich jeden Tag in der Arbeit mache, muss ich sehr genau beschreiben, wie mein Arbeitsalltag aussieht. Dabei beschreibe ich einfach einen durchschnittlichen Tag von morgens bis abends. Wichtig ist, dass ich zu jeder Tätigkeit angebe, wie lange ist diese ausübe und welche weiteren Tätigkeiten davon abhängen. Wenn z.B. ein Bäcker seine Geräte sauber macht, während das Brot im Ofen ist, aber jetzt dafür zu langsam ist, weshalb die Brote verbrennen würden, dann kann er die Geräte erst am Abend saubermachen.

Oft ist der Arbeitsalltag saisonabhängig. Dann muss ich ein Arbeitsjahr in einen Tag packen und am gleichen Tag aussäen und ernten.

Diese Tätigkeiten werden jetzt durch eine Krankheit oder einen Unfall eingeschränkt. Und das muss ich dann halt übereinanderlegen und am Ende kommt am Besten raus, dass ich nur noch zur Hälfte arbeiten kann.

Das klingt ein wenig kompliziert, aber wenn man weiß, was der Leistungsprüfer wissen muss, um prüfen zu können, dann klappt das eigentlich ganz gut.

Gibt es eine Tabelle für den Grad der Berufsunfähigkeit?

Oft höre ich den Wunsch nach einer Tabelle für den Grad der Berufsunfähigkeit. Das ist aber Unsinn. Ich kann leider nicht so einfach sagen, dass diese Krankheit bei diesem Beruf zu diesem BU-Grad führt. Das liegt daran, dass eine Krankheit auch immer in der Ausprägung verschieden schwer sein kann und jeder seinen Beruf ein wenig anders gestaltet.

Außerdem geht es ja grundsätzlich nur darum, ob ich noch weniger oder mehr als die Hälfte arbeiten kann, weshalb sich auch niemand die Mühe macht, zu ermitteln, ob nun 60% oder 72%  BU-Grad vorliegen.

Unterm Strich

Der Grad der Berufsunfähigkeit zeigt an, zu wie viel Prozent ich außerstande bin, meiner Arbeit nachzugehen, so wie ich das zuletzt in gesunden Tagen getan habe. Oft wird es vereinfacht so dargestellt, als fände hier eine Prüfung der Arbeitszeit statt. In den meisten Fällen ist hier aber das Arbeitsergebnis ausschlaggebend.

Sollte aber schon der Nachweis der Krankheit kompliziert sein, dürfte der BU-Grad noch schwieriger zu ermitteln sein.

Wenn es noch Fragen hierzu gibt, einfach bei uns melden 🙂 Selbstverständlich kannst du uns als Versicherungsmakler zu allen Themen der Arbeitskraftabsicherung und Vorsorge ansprechen. Neben der Berufsunfähigkeitsversicherung gilt das für die private Unfallversicherung, Erwerbsunfähigkeitsversicherung, Grundfähigkeitsversicherung, Krankenzusatzversicherung, Risikolebensversicherung oder Sterbegeldversicherung.

Verwandte Beiträge

Comments (2)

Toller Artikel,gut beschrieben.
Ich frage mich jedoch ,ob sich die BU nicht aus mehreren Erkrankungen,die sich im Laufe der Zeit angesammelt haben,zusammensetzt?
Ich bin selbstst.Nageldesignerin( ehemals Friseurin) habe jetzt Impingment,zuvor Hüftdysplasie,zuvor n Bandscheiben Vorfall…und noch n paar kleinere Wehwehchen,d.h ich fühl mich als”Totalschaden”.
In meinem Verständnis müssten das dann mind.50% sein????
Danke

Ich antworte hier mal allgemein, weil das ja auch andere interessieren könnte, und schreibe dir parallel noch eine E-Mail, ok?

Also: Ja, die Berufsunfähigkeit muss nicht auf eine einzige Krankheit zurückgehen. Oft ist es ein Zusammenspiel von mehreren Krankheiten oder Verletzungen. Nicht selten sind es sogar körperliche und psychische Erkrankungen.

Wenn erst eine Einschränkung kommt und dann die nächste und man sich so durchquält, bis es nicht mehr geht, ist es sehr wichtig, dass man mit einem Experten redet. Denn die Berufsunfähigkeit besteht vielleicht schon länger, als man denken mag. Das liegt daran, dass der Beruf, der geprüft wird, eigentlich der ist, den ich ausgeübt habe, als ich noch komplett gesund bin.

Ein bekanntes Beispiel hierfür ist ein Werkstattbesitzer mit angeschlossener Tankstelle. Nachdem er aus körperlichen Gründen nicht mehr in der Werkstatt arbeiten kann, arbeitet er nur noch an der Kasse der Tankstelle. Da die Krankheit fortschreitet, geht aber auch das nach ein paar Monaten nicht mehr. Als er BU beantragt, wollte der Versicherer die Tätigkeiten an der Kasse prüfen, wurde dann aber vom Gericht darauf hingewiesen, dass die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit zu prüfen ist.

Der Rest per E-Mail 🙂

Hinterlasse einen Kommentar

Privacy Preferences
When you visit our website, it may store information through your browser from specific services, usually in form of cookies. Here you can change your privacy preferences. Please note that blocking some types of cookies may impact your experience on our website and the services we offer.