Es wird niemanden überraschen, aber im Beamtenstatus ist man auch nicht mehr oder weniger vor Erkrankungen geschützt, als man es ohne Beamtenstatus wäre. Was aber genau passiert eigentlich im Amt, wenn ein Beamter auf Lebenszeit vorübergehend erkrankt (vorübergehende Dienstunfähigkeit), oder aber längerfristig, oft schwerer erkrankt ist (dauerhafte Dienstunfähigkeit). Ich werde mich am Bund orientieren, was für die Länder weitestgehend identisch ist. Hierbei handelt es sich nur um einen ersten Überblick über die Feststellung der Dienstunfähigkeit.
Beamte müssten sich in Zweifelsfällen hinsichtlich eines Dienstunfähigkeitsverfahrens an entsprechende Juristen wenden. Zur schnelleren Lesbarkeit verwende ich die männliche Form.
Man kann bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit zwei Phasen unterscheiden. Zum einen die Phase vor der Einleitung eines DU-Verfahrens (drohende Dienstunfähigkeit) und die Phase des DU-Verfahrens zur Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit.
Bei allen Maßnahmen ist der Dienstherr vom Grundsatz der Vorrangigkeit der Rehabilitation vor Versorgung geleitet, was somit auch zum Vorrang einer anderweitigen Verwendung, oder Weiterverwendung in begrenzter Dienstfähigkeit im selben Amt, vor eine Ruhestandsversetzung eines Beamten auf Lebenszeit führt. Was hiermit nicht gemeint ist, sind ganz normale vorübergehende Erkrankungen die mit „normaler“ Dauer und „normaler“ Häufigkeit beim Beamten genauso wie in der Privatwirtschaft vorkommen.
Es geht also in der ersten Betrachtung um längere, oder häufigere Erkrankungen, somit um das Vorfeld einer drohenden dauernden Dienstunfähigkeit.
Was passiert vor der Feststellung der Dienstunfähigkeit?
Die Dienststellenleitung, oder häufiger der direkte Vorgesetzte soll zunächst im Rahmen eines Mitarbeitergespräches mit dem betroffenen Beamten dienstliche Ursachen und Abhilfemöglichkeiten den Dienst betreffend erörtern. Der Beamte selbst muss keine Angaben zu Gesundheitsursachen machen. Es ist zunächst eher eine Empfehlung zu diesem Zeitpunkt, vertrauensvoll nach gesundheitsverbessernden Lösungen zu suchen. Manifestiert sich längere oder häufigere Erkrankung nachhaltig, dann kann der Beamte auch einer Beteiligung des Betriebsarztes zustimmen. Der Betriebsarzt hat hier aber nicht die Rolle des Amtsarztes.
Erst ab einem Zeitraum von 3 Monaten krankheitsbedingter Fehlzeit wird der Beamte gebeten ein Attest von seinem behandelnden Arzt vorzulegen. Dieses Attest umfasst keine Diagnosen, sondern nur die Aussicht auf eine Rückkehr in den vollen Dienst. Es geht also nur um die Prognose, wann, nach privatärztlicher Einschätzung, der Beamte wieder dienstfähig ist. Da zu diesem Zeitraum längst auch die Frist für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement überschritten ist, welches dem Beamten gesetzlich zusteht, muss der Dienstherr (i.d.R. ab der 6 Woche) auch dieses Angebot zur Wiedereingliederung machen.
Für den Beamten ist es freiwillig und hätte, wenn er es ablehnt, auch keinen Einfluss auf den Ausgang eines späteren möglichen DU-Verfahrens. Gleichlaufend könnte der Beamte für seine Rückkehr in den Dienst nun auch einen Antrag auf die Eingliederung in den Dienst mit einem Hamburger Modell stellen.
Bleibt es unverändert bei der Situation, dass mit weiterer längerer Erkrankung (über 3 Monate hinaus, durchgehend), oder eben bei insgesamten Krankschreibungen über 3 Monate innerhalb eines halben Jahres (wiederholte Krankschreibungen), beginnt i.d.R. die eigentliche Feststellung der Dienstunfähigkeit mit der Anordnung der amtsärztlichen Untersuchung. Diese Untersuchungsanordnung, zu welcher der Dienstherr den Amtsarzt bestimmt, ist für den Beamten verpflichtend geregelt (Bund § 44 (6) BBG).
Auch der Beamte könnte die amtsärztliche Untersuchung beim Dienstherrn mit entsprechender Bitte veranlassen. An den Dienstherrn werden, so kann man es in den Urteilen dazu lesen, sehr hohe Anforderungen an die Ausgestaltung der Untersuchungsanordnung gestellt. Die Feststellung der Dienstunfähigkeit soll nicht leichtfertig geschehen.
Wann kommt es zur Feststellung der Dienstunfähigkeit?
Es lässt sich in diesem Zusammenhang grob vereinfachen, dass der Dienstherr (Dienststelle) diese Anordnung auf zwei Grundlagen erstellt. Zum einen bestehen die Zweifel des Dienstherrn an der Dienstfähigkeit des Beamten in den tatsächlichen Feststellungen (Beobachtungen im Dienst) der körperlichen Zustände oder gesundheitlichen Gründe (BBG §44 (1) Satz 1). Dies könnte beispielsweise in auffälligem Verhalten zu sehen sein, welches die dauernde Unfähigkeit zur vollen Dienstpflichterfüllung nahelegt.
Das bedeutet aber auch, dass es nicht zwangsweise mit Krankschreibungen einhergehen muss. Damit wird der Auftrag an den Amtsarzt zur sachverständigen Beurteilung der möglichen Dienstunfähigkeit durch die Feststellungen des Dienstherrn bestimmt. Die Feststellung der Dienstunfähigkeit entsteht also mit Hilfe des Amtarztes, aber der Dienstherr hat das letzte Wort.
Sehr viel häufiger wird es in der Praxis vorkommen, dass Beamte die zweite Regelung (BBG §44 (1) Satz 2) „erfüllen“, dass nämlich allein durch den Zeitablauf der 3 Monate innerhalb von 6 Monaten, also Fehlzeiten aufgrund von Krankschreibung oder wiederholten Krankschreibungen in diesem Zeitraum, Dienstunfähigkeit gesetzlich vermutet wird. Diese Vermutungsregel erleichtert dem Dienstherrn den Nachweis der Dienstunfähigkeit.
Da der Dienstherr nicht weiß, warum ein Beamter krankgeschrieben ist, wird hier ein anderer Auftrag an den Amtsarzt gestellt. Nämlich, ob die Aussicht besteht, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb von 6 Monaten die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt wird. Tiefer will ich hier wegen der Komplexität nicht gehen. Wer sich intensiver mit der Feststellung der Dienstunfähigkeit beschäftigen will, könnte mehr in Urteilen oder bei sachverständigen Juristen finden.
Mit Erhalt des amtsärztlichen Gutachtens beginnt nun die statusrechtliche Prüfung der Dienstunfähigkeit. Das heißt, dass die Dienstelle unabhängig und in eigener Zuständigkeit das Ergebnis der Begutachtung würdigt und die Schlussfolgerungen hinsichtlich dauerhafter Unfähigkeit zur Diensterfüllung oder anderweitiger Verwendungen zieht. In Deutschland erfolgt die Feststellung der Dienstunfähigkeit, weil es ein beamtenstatusrechtlicher Begriff ist, eben nicht durch den Amtsarzt, sondern durch die zuständige Behörde.
Kommt der Dienstherr nun zu der gesicherten Erkenntnis, dass der Beamte sein Amt im abstrakt funktionellen Sinn (vereinfacht: alle Dienstposten, die er in seinem Status und gemäß seiner Ausbildung können muss) aus gesundheitlichen Gründen, oder wegen seines körperlichen Zustandes und einer darüberhinausgehenden Betrachtung der gesamten Persönlichkeit dauerhaft nicht mehr erfüllen kann, dann kommt es zur Feststellung der Dienstunfähigkeit. Damit erfolgt aber noch keine Ruhestandsversetzung, da von dieser abgesehen werden soll, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist.
Ob sie möglich ist und wie eine anderweitige Verwendung aussehen könnte, war in der Regel auch Gegenstand der amtsärztlichen Begutachtung.
Bedeutet Dienstunfähigkeit gleich Ruhestandsversetzung?
Im nächsten Schritt wird sich also der Dienstherr in seinem gesamten Zuständigkeitsbereich auf die Suche nach einer potenziellen Verwendung für den Beamten begeben. In der Regel bedarf ein anderer Dienstposten nicht der Zustimmung des Beamten. Diese Suche ist in der Rechtsprechung auf geeignete freie und freiwerdende Dienstposten in absehbarer Zukunft (6 Monate) zu erstrecken. Es kann sich auch um eine andere Laufbahn handeln, zu der der Beamte zunächst auch die Laufbahnbefähigung erwerben müsste.
Grundsätzlich sind hohe Anforderungen an den Dienstherrn gestellt, denn für den Beamten muss das „Ergebnis“ der Suche zumutbar sein. Also geringstmöglich in sein bisheriges statusrechtliches Amt eingreifend. Am wenigsten zumutbar sind geringerwertige Tätigkeiten oder eine neue Laufbahn in Kombination mit geringerer Besoldung (aber möglich). Bei all dem wird dem Beamten auch Mitsprachegelegenheit eingeräumt. Am Ende wägt der Dienstherr bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit zwischen seinen und den Interessen des Beamten ab.
Scheitert die Suche nach einer anderweitigen Verwendung, war dies noch nicht der letztmögliche Schritt des Dienstherrn, um die Ruhestandsversetzung zu verhindern. Denn nach § 45 BBG soll von der Versetzung des Beamten in den Ruhestand abgesehen werden, wenn er eine begrenzte Dienstfähigkeit besitzt. Also sein bisheriges Amt im abstrakt funktionellen Sinne noch mindestens zur Hälfte erfüllen kann. Praktisch bedeutet dies, er verbleibt in seinem bisherigen Amt, die Arbeitszeit und die Besoldung werden entsprechend reduziert. Dazu gibt es in diesem Blog einen separaten Artikel. In der Regel ist auch die begrenzte Dienstfähigkeit Gegenstand der ursprünglichen amtsärztlichen Begutachtung.
Eine Feststellung der Dienstunfähigkeit kann nun als letztmögliches Mittel im DU-Verfahren zur Ruhestandsversetzung führen. In jedem Fall, wenn keine anderweitige Verwendung möglich ist und auch die begrenzte Dienstfähigkeit nicht gegeben ist.
Der Beamte wird im Zurruhesetzungsverfahren eingebunden
Die Ruhestandsversetzung beginnt zunächst mit der Anhörung des Beamten mit einer Äußerungsfrist von einem Monat. Gleichzeitig sind (erneut) alle Interessensvertretungen für den Beamten eingebunden. Werden keine Einwände erhoben erfolgt die Ruhestandsversetzung mit der Zustellung der Ruhestandsurkunde. Die Ruhestandsversetzung erfolgt zum Beginn des Folgemonats, der auf die Bekanntgabe der Versetzung folgt. Quasi zum nächsten Ersten.
Das kann also sehr schnell zu Einkommensverlusten führen. Widerspruch und Klage gegen die Ruhestandsversetzung würde diese zwar aufschieben, allerdings nicht die Reduzierung der Besoldung auf das Niveau der Ruhestandsversorgung. Man hätte also unmittelbar die Einkommensverluste gegenüber der bisherigen vollen Besoldung. Scheitert der Widerspruch ist die Ruhestandsversetzung durchzuführen.
Einmal im Ruhestand heißt nicht zwangsläufig für immer im Ruhestand. Der Dienstherr ist verpflichtet, mit einem gewissen Ermessen, das Fortbestehen der Dienstunfähigkeit zu überprüfen und den Beamten auch zu reaktivieren. Praktisch beginnt die Reaktivierung mit der erneuten Vorstellung beim Amtsarzt. Ist der Beamte wieder dienstfähig, oder begrenzt dienstfähig erfolgt die Reaktivierung durch erneute Berufung.
Wie kann man nun die Versorgung durch den Dienstherrn und die Auswirkung auf das Einkommen bei Dienstunfähigkeit für sich bewerten? Das beginnt zunächst einmal mit der Analyse der Versorgungsansprüche und damit den Versorgungslücken. Im zweiten Schritt kann dann bewertet werden, ob das ausreichend ist oder ob private Ergänzungen durch eine Berufs- und Dienstunfähigkeitsversicherung sinnvoll sind. Ich werde es an drei sehr vereinfachten Szenarien in verschiedenen Altern skizzieren.
Der Einfachheit halber für Single und grob vereinfachten Krankenversicherungsbeiträgen. Die Betrachtung mache ich nach Steuern und Krankenversicherungsbeitrag, um eben das aufzuzeigen, was letztendlich für den Lebensstandard übrigbleibt. Bei Familien ist die Versorgungssituation nicht weniger interessant, da es um den Lebensstandard der gesamten Familie geht. Dies kann sehr schnell und individuell in einer Beratung beantwortet werden. Auch gegen die finanziellen Folgen auf das aktive Einkommen und die reduzierte Höhe der Pensionsansprüche durch eine begrenzte Dienstfähigkeit ist privater Versicherungsschutz z.B. bei der DBV möglich.
Es kann also zu jedem Zeitpunkt eine erheblich Einkommensreduzierung durch Dienstunfähigkeit entstehen. Vorsorge macht gerade auch im Beamtenverhältnis viel Sinn. Am besten in jungen Jahren damit beginnen und nicht nur den Einkommensverlust „heute“, sondern auch eine durchdachte Ruhestandsplanung in den Fokus nehmen. Beamte auf Widerruf sind zu entlassen und haben keine Versorgungsansprüche. Beamte auf Probe können ebenfalls ohne Versorgung entlassen werden. Eine Feststellung der Dienstunfähigkeit führt erst bei Beamten auf Lebenszeit zur Ruhestandsversetzung.
Vielen Dank für Ihr Interesse.